Freitag, 19. April 2013

Offener Brief an den ORF

Liebe Sport-Redaktion des Österreichischen Rundfunks !

Es ist bekannt welchen Aufwand es darstellt einen Bewerb sportlicher Art live im Fernsehen zu übertragen. Rechte müssen eingeholt werden, Angestellte müssen sich um Kameraführung, Schnitt und Lichtverhältnisse kümmern, Experten werden eingeladen, mit Pressesprechern werden Interviews vereinbart. Bei einer derartigen Vorbereitung auf ein Fußballspiel, egal ob in der österreichischen Bundesliga oder bei einem Bewerb anderer sportlicher Art gilt: Um ein sportliches Ereignis live im Fernsehen übertragen zu können muss man mit vollem Herzblut bei der Sache sein. Ist man das nicht sollte man es lieber gleich ganz bleiben lassen.

Um so größer ist meine Verärgerung wenn man sich als Fanatiker des Sports mit dem runden Leder eine Partie im Rundfunk ansehen möchte. Es ist zwar wünschenswert für einen jeden Fußballspiele mit nationaler oder internationaler Brisanz zur Verfügung stellen zu können, doch egal ob arbeitslos oder schwerreich: Wer ordentliche Berichterstattung zur Verfügung gestellt bekommen möchte wird von den inhaltlichen und journalistischen Fehlern bei Übertragungen im ORF schon fast dazu gezwungen sich Fußballspiele künftig ausschließlich per Pay TV zu Gemüte zu führen.
Warum ? Weil man beim ORF anscheinend nicht mit genügend Herzblut bei der Sache ist.

Wozu holt man sich die Rechte für ausgewählte Europa League Spiele ein wenn man dann in 5 Minuten auf schlampige Art und Weise Auf -und Einstellung der beiden Mannschaften zur Verfügung gestellt bekommt ? Man könnte das Geld doch gleich einsparen und dieses in einen halbwegs vernünftigen Moderator oder Kommentator investieren. Anstatt auf Leute die anscheinend von jedem Sport ein bisschen was mitkriegen, aber von keinem wirklich Ahnung haben, könnte man doch auf Fachexperten setzen die sowohl fachlich als auch rhetorisch hoch anzusiedeln sind.
Die Rede ist also weder von Ex-Torhütern, ehemaligen Nationaltrainern oder Torschützenkönigen, sondern von ganz einfachen Sport-Journalisten welche über Jahre hinweg bewiesen haben dass sie ganz einfach wahre Experten auf diesem Gebiet sind.

Wird der Fußballfan denn intellektuell derart unterschätzt dass man meint er komme nicht mit taktischen Grundkenntnissen klar ? Es scheint so, denn ansonsten hätte man sich längst ein Beispiel an anderen Fernsehstationen genommen und würde vor, während und nach dem Spiel auch auf taktische Dinge eingehen.
Eine weitere mögliche Erklärung, und wahrscheinlich auch die richtige, wäre dass Personen welche keine Experten auf dem jeweiligen Gebiet sind ganz einfach nicht dazu in der Lage sind solche Dinge zu erkennen oder zu analysieren.

Warum also hat man sich nicht bereits längst um dieses Problem gekümmert und diese Personen aus dem Mittelpunkt genommen oder ihnen zumindest Fachleute zur Verfügung gestellt ? Warum lässt man diese Personen ein ganzes Spiel zu Wort kommen wenn man doch weiß dass sie nicht mehr als Floskeln oder ironische Anspielungen aus ihren Mündern bekommen ? Warum ist es bei jeder Randsportart, egal ob Volleyball oder Handball, möglich zwei Kommentatoren zuzuhören, nur im Fußball nicht ?

Immerhin ist Fußball bekanntlich eine der populärsten, wenn nicht sogar die populärste, Sportart in Österreich. Nutzt man diese Tatsache denn derart aus indem man ganz einfach den Gedanken "Friss oder stirb" hegt ?
Während man auf anderen Sendern sogar Emotionen und Objektivität ins Haus geliefert bekommt hat man beim ORF immer öfters das Gefühl dass größere Mannschaften von Seiten der Kommentatoren und Moderatoren bevorzugt werden. Es wird nicht all zu selten ein Weltbild von Gut und Böse gemalt welches aus der Sicht eines objektiven Betrachters ganz einfach nicht der Realität entsprechen kann.

Haben öffentlich-rechtliche Sender nicht an und für sich eine Art Bildungsauftrag ? Sollte man diesen denn nicht auch erfüllen ? Scheinbar gelten in Österreich andere Sitten als sonst wo, denn ansonsten würde man bei Vorberichterstattung und Kommentation nicht penibel genau darauf achten das Produkt massen kompatibel sondern qualitativ hochwertig zu gestallten.
Sollte man nicht jenen Leuten welche jährlich ihre Rundfunkgebühren zahlen und auch nicht davor scheuen sich Werbung zu Gemüte zu führen eine objektive und seriöse Berichterstattung gewährleisten ?

Ich bin froh als freier Blogger objektiv sein zu können und diesen offenen Brief verfassen zu dürfen. Ich bin ebenso froh darüber dass es in Österreich auch ohne Pay TV möglich ist ausgewählte Bundesligaspiele anzusehen. Doch der absolut letzte Schritt zu völliger Zufriedenheit wäre es wenn der ORF über Fußballspiele mit ebenso viel Herzblut und Ehrlichkeit berichtet wie etwa bei alpinen Ski-Bewerben. Ich schätze die Angestellten des Rundfunkes sehr und bin mir auch bewusst mit welch intelligenten und intellektuellen Personen man es zu tun hat, doch Talent alleine bringt einem nichts wenn man es nicht auf den Platz bringt.
Fragen Sie Oliver Polzer, er weiß das ganz bestimmt.

Ich hoffe Sie werden diesen offenen Brief ernst nehmen und beweisen dass am Küniglberg seriöse und intelligente Personen arbeiten. Ich hoffe Sie werden diesen Brief weder ignorieren noch mit abgedroschenen Floskeln antworten, noch aufgrund von Rufschädigung oder anderen unangebrachten Paragraphen vor Gericht ziehen.
Denn ansonsten könnte sich nicht nur meine Meinung, auch die Meinung von vielen anderen Leuten schnell in das Negative wenden.

Mit herzlichen Grüßen,

(mpesseg, 19.April 2013)

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