Dienstag, 9. April 2013

Geschichten die der Fußball schreibt

22:25. 9.April 2013. Champions League Viertelfinale. Rückspiel.  Signal Iduna Park, Dortmund. Eliseu. Schuß. Tor. Verzweiflung. 
8 Minuten später: Hoffnung. Nochmals 2 Minuten später: grenzenloser Jubel. 
Geschichten die der Fußball schreibt. Ein Liebesbrief an den König der Sportarten.

Nur wenige Sportarten sind derart unberechenbar wie der Fußball. Während ein Tennis -oder Volleyballspieler weiß dass der folgende Ball der entscheidende sein kann, während der Golfer weiß wie viele Schläge er benötigt um noch auf Platz 1 zu landen, während der Skifahrer weiß welche Zeit er benötigt um sich doch noch weiter vorne zu platzieren, während der Leichtathlet Sekunden nach dem Zieleinlauf weiß dass er gewonnen hat. Ja währenddessen kann im Fußball der selbe Ball auf der Tribüne, im Toraus, an der Latte oder exakt im Kreuzeck landen.

Für einen Infizierten ist es wohl eine Tortur von Personen, welche noch nicht von diesem unheilbaren, aber doch so weit verbreiteten Virus angesteckt wurden, der das Herz ständig zu neuen Höchstleistungen treibt, nach dem Sinn dieser Sportart befragt zu werden. Nicht selten hört man von diesen unwissenden, diesen unscheinbaren, diesen naiven Leuten Sätze wie "22 Maxerln die einem Ball nachrennen" oder "Ist ja nur ein Spiel".
Wie reagiert man am besten auf solche Aussagen ? Blankes Entsetzen ? Erklärungsversuche starten ?
Alles falsch. Am besten man erzählt ihnen von den legendären Spielen in mittlerweile 140 Jahren Fußballgeschichte. Wahrscheinlich gab es noch viel mehr solche als selbst jene Personen aufzählen können welche sich tagein, tagaus mit nichts anderem als mit diesem Sport beschäftigen. Denn nicht immer wurden solche Spiele auch dokumentiert. Dazu ist der Fußball einfach viel zu alt, zu groß war wohl auch die Freude der Beteiligten als dass sie sich noch die Mühe gemacht hätten die Geschehnisse Stück für Stück zu dokumentieren. Oder diese Personen konnten einfach nicht ahnen wie populär die Jagd nach den Toren, den Glücksmomenten, den Tränen und den Trophäen noch werden würde.
Und dennoch finden sich genügend legendäre Spiele in den Köpfen eines jeden Fußballfans.
Der Sieg im inoffiziellen WM-Finale von Uruguay 1950, als nach dem Schlusspfiff 200.000 Brasilianer im Stadion in Tränen ausbrachen, wäre zum Beispiele solch einer. Oder in demselben Jahr, bei derselben Weltmeisterschaft der Sieg des gnadenlosen Außenseiters USA gegen das Mutterland des Fußballs, England.
Oder 4 Jahre später das Viertelfinale zwischen Österreich und der Schweiz, welches die Österreicher schließlich mit 7:5 für sich entscheiden konnten.
Oder das WM-Finale zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ungarn im selben Jahr. Der hoffnungslose Außenseiter aus Deutschland, Jahre zuvor noch von der gesamten Welt aufgrund der Geschehnisse unter Hitler geächtet, entscheidet das Spiel gegen die zu diesem Zeitpunkt wohl beste Mannschaft der Welt für sich.
Oder im Jahr 1966 als die nordkoreanische Nationalmannschaft, welche in den Jahren zuvor im Heimtland einkasserniert und gedrillt worden war, bei der Weltmeisterschaft in England die italienische Nationalmannschaft, angeführt von anerkannten Stars des internationalen Fußballs, sensationell besiegten.
Oder als 1970 Deutschland gegen Italien in letzter Minute eine Verlängerung erzwingt welche die Südländer schließlich mit 4:3 für sich entscheidet.
Oder 1986 als der legendäre, der skandalöse, der unglaubliche Diego Maradona im selben Spiel ein Tor per Hand und nach einem unglaublichen Dribbling über das halbe Spielfeld erzielt.
Oder als im Champions League Finale 1999 Bayern München in den letzten 4 Minuten gegen Manchester United noch den sicher geglaubten Sieg aus der Hand gibt.
Oder als 2 Jahre später der Münchner Patrick Andersson Schalke noch den Titel des deutschen Meisters aus der Hand reißt.
Oder als 2004 der Außenseiter FC Porto, angeführt vom gerade einmal 40-jährigen Jose Mourinho, zur Überraschung aller die Champions League für sich entscheiden kann.
Oder , oder , oder ...

Eine Auflistung all dieser Spiele würde wohl ins Unendliche führen. Denn das was den Fußball, jene Sportart die sowohl Jung und Alt sowie Arm und Reich ausführen können, von allen anderen unterscheidet: Er ist unberechenbar. Eine einzelne Millisekunde, eine einzige falsche Bewegung mit dem Fuß, eine einzelne Fehlentscheidung eines Schiedsrichters kann über Sieg oder Niederlage, über Jubel oder Trauer entscheiden.

Auch heute, am 9.April 2013 um 22:35 setzte diese königliche Sportart wieder einmal ein Ausrufezeichen für seine Unüberschaubarkeit, seine Unzuverlässigkeit und seine launenhafte Art.
Als im Signal Iduna Park scheinbar alle 65.829 Personen im Stadion vergessen hatten warum sie eigentlich hier sind, warum sie den Fußball so lieben wie sonst nichts auf dieser Welt, da entschied er sich genau diesen Leuten, den Tausenden im Stadion, den Millionen vor den TV-Geräten die Augen zu öffnen.
Und so spielt es weder eine Rolle welches Tor eigentlich nicht hätte zählen dürfen, welcher Spieler nicht mehr auf dem Platz stehen hätte dürfen oder wie viele Minuten der Schiedsrichter nachspielen hat lassen.

Denn genau von diesen Eigenheiten lebt der Fußball.

(mpesseg, 9.April 2013)

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