Mittwoch, 24. April 2013

War das die Wachablöse ?

Nach den begeisternden Auftritten von Bayern München und Borussia Dortmund in den Champions League Halbfinalspielen glaubt schon so mancher Fußballfan an eine Wachablöse im europäischen Fußball. Zweifelsohne waren die Auftritte der beiden besten Mannschaft in den vergangenen Tagen beeindruckend.

Doch reicht diese Tatsache bereits dazu aus um die deutsche Bundesliga als die beste Europas, und somit vermutlich auch als beste der Welt, zu bezeichnen ? Dazu benötigt es bekanntlich weit mehr als bloß einige Galaauftritte im europäischen Fußball. Jahrelang konstante, gute Arbeit ist von Nöten um tatsächlich von einer Wachablöse sprechen zu können. Ist die deutsche Liga bereits weit genug um sich über die englische oder spanische stellen zu können ?

Zu aller Erst muss man natürlich auf die Spiele von Bayern München bzw. Borussia Dortmund zuletzt etwas genauer eingehen um eine erste Vermutung zu erhalten. Natürlich waren die beiden deutschen Vertreter den spanischen weit überlegen, allerdings dürfte mit dafür ein Grund, aber auch für das schwache Auftreten der englischen Vertreter in den vergangenen Jahren, das jeweilige Ligensystem sein. Während England ja ohnehin berüchtigt für seinen dichten Spielplan ist, wird der spanische Cup immerhin in Hin - und Rückspiel ausgetragen, hinzu kommt die Tatsache dass beide Ligen jeweils pro Mannschaft 38 Spiele in den Kalender drücken müssen, in Deutschland werden nur 34 Runden veranstaltet. Zwar versuchen die Mannschaften diesem Fakt durch ständiges Rochieren entgegen zu wirken, dies wirkt sich allerdings nicht all zu positiv auf das Mannschaftsgefüge aus, ebenso sind kleinere Verletzungen wie etwa die Oberschenkelzerrung von Lionel Messi die Folge vom dicht gedrängten Spielplan.

Nichts desto trotz sorgen noch einige weitere Faktoren für diese scheinbare Übermacht im europäischen Vereinsfussball für die deutschen Mannschaften. Neben einem gewissenhaften Scoutingsystem, höchst professioneller Arbeit, einer grandiosen Trainerausbildung, gut durchstrukturierter Nachwuchsarbeit sorgt vermutlich vor allem die ausgeglichene Liga für die aktuelle Leistungssteigerung der schwarz-rot-goldenen Mannschaften.

Ausgeglichene Liga ? Wohl kaum. Nicht umsonst werden von Seiten Bayerns beziehungsweise Dortmunds "schottische" oder auch "spanische"  Verhältnisse befürchtet. Denn zweifelsohne spielen Dortmund und Bayern innerhalb der deutschen noch einmal in einer eigenen Liga, der "Liga der Außergewöhnlichen" so zu sagen.
Bei allem Respekt, doch weder Schalke, noch Leverkusen oder Mönchengladbach können sich tatsächlich mit der Weltklasse, und somit mit Bayern oder Dortmund, messen. Man erinnere sich nur an die blamablen Auftritte der Werkself vergangenes Jahr im Achtelfinale gegen Barcelona. Tatsächlich sind die Ligaverhältnisse in Deutschland relativ gut mit den spanischen zu vergleichen. Denn was manch einer leider immer öfters außer Acht lässt: Abgesehen von Barca und Real gibt es noch einige andere spanische Vereine die in den letzten Jahren große Erfolge auf europäischer Bühne feiern konnten (Malaga, Sevilla, Atletico Madrid, Espanyol Barcelona, CF Valencia, Athletic Bilbao, Villareal ...). Vereine die in Deutschland allesamt relativ gut mit Schalke, Hamburg oder Stuttgart zu vergleichen wären.
Als die deutsche Liga noch tatsächlich ausgeglichen war, vor etwa 5,6 Jahren, konnte Fußball-Deutschland international kaum Erfolge feiern. Denn die Liga war leider auf einem derart niedrigen Niveau ausgeglichen dass man damals eben selbst leidtragende eines 0:4 Debakels war.
Dortmund und Bayern München haben sich auf einem für Schalke oder Mönchengladbach schon fast unerreichbaren Qualitätspegel eingefunden, einem Niveau mit welchem man international zur absoluten Spitze gehört. Daher sind diese "spanischen" Verhältnisse vermutlich gar nicht mal so schlecht für Deutschland, im Gegenteil: Diese Verhältnisse entstanden erst weil es Dortmund und Bayern geschafft haben in die internationale Spitze vorzustoßen.

Geschafft hat man dies vor allem durch eine geschickte Scoutingabteilung, konstantes Wirtschaften und eine sinnvolle Kaderzusammenstellung. Als Real Madrid sich nichts mehr mit Robben anfangen zu wusste öffneten die Bayern bereitwillig ihre Arme und boten dem Niederländer eine neue Bühne sich zu beweisen. Auch in der eigenen Liga halten die Münchner die Augen stets offen und sind schon lange nicht mehr nur darauf bedacht die Konkurrenz zu schwächen. Dank geschickter Leihgeschäfte schaffte man es zudem auch Talente aus dem eigenen Nachwuchs billig an die Mannschaft heranzuführen. Leihgeschäfte haben in München nicht nur eine Existenzberechtigung wenn es darum geht scheinbar abgeschobene Spieler von der Gehaltsliste streichen zu können, Spieler wie Alaba oder Kroos würden ohne Leihgeschäft möglicherweise noch heute ein Schattendasein in der Allianz Arena fristen. Oder auch nicht, denn in der Causa Thomas Müller haben die Lederhosen ebenso bewiesen dass die Bayern-Talente auch genügend von eben diesem besitzen um sich auf Anhieb und ohne lästigem Umweg durchsetzen zu können.
In Dortmund läuft das ganze ähnlich, wenn auch ein wenig anders. Da man hier nicht das nötige Kleingeld zur Verfügung hatte um etwa Arjen Robben Richtung Signal Iduna Park zu losten konzentrierte man sich vorneweg auf das Scouting, man entdeckte dabei billig Spieler wie Lewandowski, Sahin, Subotic, Hummels oder Barrios. Allesamt Spieler die in den letzten Jahren wohl den größten Anteil an den gelb-schwarzen Erfolgen hatten.
Mittlerweile ist der BVB auch international gereift und kann sich dadurch berechtigte Hoffnungen auf den 2. Champions League Titel in der Geschichte machen. Dass die Mannschaft auch Nachrichten wie den Abgang von Mario Götze verkraften kann beweist dass Jürgen Klopp weit mehr auf dem Kasten hat als stumpfen "Hurra-Fußball".

Doch zurück zur Ausgangsfrage: Waren diese Halbfinalspiele bereits so etwas wie eine Wachablöse ? Dies ist noch auszuschließen, dank einer stabilen Wirtschaftslage bei den deutschen Vereinen sind die Grundsteine dafür zwar bereits gelegt, doch darf man nicht auf die totale Dominanz des FC Barcelona in den vergangenen Jahren vergessen. Die Bayern standen zwar zweimal im Finale, verloren diese allerdings beide. Barcelona hingegen konnte seit 2006 schon 3mal den Champions League Titel für sich entscheiden. Dortmund spielte in den vergangenen Jahren ohnehin bloß eine untergeordnete Rolle im internationalen Fußball.
Zu dominant war der spanische Fußball in den vergangenen Jahren um ihn innerhalb von 2 Tagen schon abzuschreiben.
Man darf gespannt sein ob die deutschen Mannschaften auch in Spanien derart dominant auftreten können, ist dem so und spielen die deutschen Mannschaften auch nächstes Jahr auf europäischer Ebene derart dominant ist dieser Gedankengang noch einmal eine Überlegung wert.

Doch solange solche Spiele wie zuletzt eine Sensation darstellen und nicht die Regel sind kann von einer Wachablöse nicht die Rede sein.

(mpesseg, 24.April 2013)

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